Hoffnung an der Strippe: „Krippe am Seil“ fasziniert 420 Gäste in Nordhorn
NORDHORN – Wenn an Heiligabend eine Krippe mitten im Raum von der Decke baumelt, dann ist das in der Baptistenkirche Nordhorn kein Versehen des Deko-Teams, sondern eine kraftvolle Botschaft. Gut 420 Besucher erlebten am Nachmittag des 24. Dezember 2025 einen außergewöhnlichen Gottesdienst, der traditionelle Elemente mit moderner Kunst und einer Prise Humor verband.
Schon beim Betreten der Kapelle richteten sich die Blicke unweigerlich nach oben. Ein langes Seil hing von der Decke, an dessen Ende eine hölzerne Krippe hing. „Das sieht auf den ersten Blick vielleicht aus wie Bungee-Jumping für das Jesuskind“, scherzte Pastor Hanno Sommerkamp in seiner Predigt, doch der Hintergrund der Installation war ein zutiefst ernster.
Tiqvah – Ein Seil gegen die Angst
Im Zentrum der Verkündigung stand das hebräische Wort „Tiqvah“. Wie Hanno Sommerkamp erklärte, wird dieses Wort in der Bibel oft mit „Hoffnung“ übersetzt. Doch die ursprüngliche, wörtliche Bedeutung ist weitaus greifbarer: Eine Schnur oder ein Seil.
Angesichts weltweiter Krisen, Kriegen und persönlicher Sorgen stellte der Gottesdienst die Frage: „Haben wir eigentlich Hoffnung für morgen?“ Die Antwort lieferte das Bild an der Decke. Hoffnung sei im biblischen Sinne kein vages Wunschdenken, sondern eine Verbindungslinie zu Gott – ein Seil, das im Himmel festgemacht ist und in das Chaos der Welt hinuntergelassen wird. Die Krippe am Seil verdeutlichte die „Inkarnation“: Gott bleibt nicht fern, sondern „klettert“ leibhaftig zu den Menschen herab.
Zwischen Rätselspaß und Chorgesang
Der Gottesdienst bestach durch eine abwechslungsreiche Dramaturgie. Für einen besonderen Rate-Moment sorgten die Kinder aus dem „Kinderland“. In einer Art Weihnachts-„Tabu“ stellten sie die Gemeinde vor knifflige Rätsel. Mit viel Eifer und Charme umschrieben die Jüngsten weihnachtliche Begriffe, ohne die entscheidenden Wörter zu nennen – ein Moment, der für manches Schmunzeln unter den Anwesenden sorgte.
Musikalisch wurde die Christvesper durch den „jungen chor“ unter der Leitung von Doris Hansmann gestaltet. Die Beiträge der Sängerinnen und Sänger verliehen der besinnlichen Stimmung Tiefe und bildeten den klangvollen Rahmen für die weihnachtliche Botschaft.
Eine Entscheidung zum Fest
Zum Abschluss der Predigt wurde es noch einmal persönlich. Pastor Hanno Sommerkamp rief dazu auf, das „Seil der Hoffnung“ nicht nur anzuschauen, sondern es auch zu ergreifen. „Ein Seil nützt dir nur etwas, wenn du dich daran festklammerst“, so der Appell. Gott zwinge niemanden, doch das Angebot stehe: Die Verbindung zu Jesus als Anker in stürmischen Zeiten.
Als die Besucher nach gut einer Stunde die Kirche verließen, nahmen viele einen letzten Blick auf die schwebende Krippe mit nach Hause. In einer Zeit, in der sich vieles unsicher anfühlt, bot dieser Gottesdienst in Nordhorn mehr als nur Tradition: Er bot eine „Tiqvah“ – eine greifbare Hoffnung, die hält.