Die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) rief bei ihrem Neujahrsempfang zum Zusammenhalt in der Kirche und der Gesellschaft auf. In zwei Talkrunden kamen auch Gäste zu Wort, die täglich mit benachteiligten Menschen zu tun haben.

Von Sebastian Hamel

Nordhorn „Wir halten zusammen“ lautete der Leitgedanke beim Neujahrsempfang der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Nordhorn (ACK), den Vertreter verschiedener Konfessionen und Einrichtungen am Sonntagmittag in der Kapelle des Klosters Frenswegen gestalteten. Das Thema bezog sich dabei nicht allein auf das Miteinander der unterschiedlichen Kirchengemeinden, sondern auch auf das Zusammenleben in der Gesellschaft – insbesondere mit Blick auf Menschen, die sich abgehängt fühlen. „Statt Dialog gibt es häufig nur Empörung“, konstatierte Pastor Hanno Sommerkamp von der Baptistenkirche Nordhorn in seiner Begrüßung. Dazu wurden im weiteren Verlauf die Aufgaben der Kirche erörtert.

In ihrer Ansprache ging Pastorin Beatrix Sielemann-Schulz von der reformierten Kirchengemeinde auf den schwierigen Sachverhalt ein. In der Ökumene scheine der Zusammenhalt gut zu gelingen, was sich anhand des Klosters Frenswegen, des Compass Diakonie-und-Caritas-Hauses sowie der in Entstehung befindlichen ökumenischen Kindertagesstätte zeige. Sie verortet das Problem an anderer Stelle: „Der Riss verläuft nicht mehr zwischen den Konfessionen, sondern mitten durch sie hindurch.“

Sie bezieht dies unter anderem auf konservative Christen, die angesichts komplexer werdender Strukturen und Anschauungen ihre gesellschaftliche, religiöse und persönliche Identität verloren haben und dann abwandern zu christlichen Vereinigungen, die seitens der traditionellen Kirchen als reaktionär und problematisch betrachtet werden – wo noch „gesagt wird, wo es langgeht“.

Sie meint darüber hinaus auch jene Menschen, die aufgrund begrenzter Mittel wenig Gestaltungsspielraum haben, einen Sündenbock für ihre Situation suchen oder letztlich resignieren. „Es bleiben einfache Wahrheiten übrig für alle, die sich ungehört fühlen“, so Sielemann-Schulz.

Pastorin Sielemann-Schulz fragt deshalb ins Plenum: „Wo haben wir im Alltag mit diesen Menschen zu tun? Wo kommen sie in unseren Gemeinden vor?“ Und: „Wo ist es, das große ,Wir‘?“ Sie selbst fühle sich als „Täterin durch Unterlassung“ und gleichzeitig als „Opfer der sich immer schneller drehenden Welt“. Um die Hoffnung auf das Bewältigen des Dilemmas zu illustrieren, zieht sie das Bild eines verzweigten Flussdeltas heran – wo das scheinbare Chaos, in welchem sich frühere Strukturen auflösen, in einem neuen, fruchtbaren Landschaftsraum mündet.

In zwei Talkrunden kamen während des Neujahrsempfangs auch Gäste zu Wort, die täglich mit benachteiligten Menschen zu tun haben:

  • Hanna Kossen-Eilders von der Psychiatrischen Nachsorge des reformierten Diakonischen Werks etwa gab Einblicke in das Leben einer an Depressionen leidenden Frau, die mit Lästereien am Arbeitsplatz und in der Nachbarschaft zu kämpfen hat.
  • Theresia Wilgers von der Caritas-Sozialberatung schilderte den schwierigen Alltag von Wohnungslosen: Allein 50 Personen hätten als Postadresse das Compass-Haus gemeldet, um überhaupt Briefe bekommen zu können.
  • Ihre Kollegin Sonja Wasmer vom lutherischen Diakonischen Werk berichtete, dass es bisweilen auch Unverständnis in der Bevölkerung gebe und man Statements wie „Das sind doch Sozialschmarotzer, die leben auf unsere Kosten“ und „Da müsste man viel härter durchgreifen“ zu hören bekomme.
  • Arthur Lieske vom Verein Hilfen zur Selbsthilfe Behinderter sagte, dass eine komplizierte Ausdrucksweise für Menschen mit Behinderung zur Barriere werden kann und bat die Kirchenvertreter, sich in leichter Sprache auszudrücken. Ansonsten sprach er sich dafür aus, einfach normal mit den Betroffenen umzugehen und keine Berührungsängste zu haben.
  • ACK-Vorsitzender Pastor Dieter Wiggers von der altreformierten Gemeinde warb abschließend für ein gutes Zusammenleben. Die Redner luden in diesem Zusammenhang dazu ein, den Treffpunkten „KommIn“ an der Geisinkstraße oder dem „Up’n Patt“ an der Jahnstraße einen Besuch abzustatten.

Musikalisch begleitet wurde der Neujahrsempfang durch die A-cappella-Gruppe „Wir-Sing“. Zum Ausklang der Zusammenkunft sang das Ensemble – thematisch passend – das weltliche Segenslied „You’ll Never Walk Alone“.

Ins Gespräch kamen (von links): Arthur Lieske (Verein Hilfen zur Selbsthilfe Behinderter), Hanna Kossen-Eilders (Psychiatrische Nachsorge im reformierten Diakonischen Werk), Theresia Wilgers (Caritas-Sozialberatung), als Moderator Jürgen Veldboer (Gemeindereferent Stadtpfarrei St. Augustinus) sowie Dieter Wiggers (Pastor der altreformierten Gemeinde und ACK-Vorsitzender). Foto: Hamel
Musikalisch umrahmt wurde der Neujahrsempfang durch die Gruppe „WirSing“. Foto: Hamel

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